Einleitung
Die Aufgabe "Aussichtsturm Annweiler am Trifels" wurde durch den Lehrstuhl für Wohnungsbau und entwerfen im Oktober 1999 herausgegeben. Die Bearbeitungszeit betrug ca. fünf Wochen. Aufgabe war die Konstruktion eines neuen Aussichtsturms auf dem 552 Meter hohen Hohenberg in der Pfalz. Der Hohenberg liegt in direkter Nachbarschaft der Burg Trifels, die jährlich ca. 1,2 Millionen Besucher anzieht. Auf dem Hohenberg ist bereits ein steinerner Aussichtturm vorhanden, der je nach Konzept in die neue Konstruktion integriert werden konnte, oder aber auch bei Bedarf abgetragen werden könnte. Dieser Turm bietet mit seinen rund 7 Metern Höhe allerdings keine allzu gute Aussicht mehr, da die umgebenden Bäume mittlerweile eine Höhe von ca. 15 - 18 Metern erreicht haben. Außerdem sind die schiefen, sehr steilen Stufen alles andere als sicher zu begehen. Um den Hohenberg mehr Anziehungskraft auf Touristen und Wanderer zu verleihen wünschen sich die Mitglieder der Gemeinde Quaichhambach einen neuen Aussichtsturm, der mit etwa 20 Metern Höhe bei entsprechender Witterung eine sehr gute Aussicht in Richtung Mannheim, Karlsruhe, Baden - Baden, das Heidelberger Schloss, sowie den Odenwald bieten würde. Der neue Turm muss keinen Wetterschutz bieten, da diesen Zweck bereits eine Schutzhütte unweit des alten Turms erfüllt. Bei der Bearbeitung war zu beachten, dass der Standort nur sehr schwer zugänglich ist und damit die Frage des Materialtransports und der Konstruktion einen wichtigen Stellenwert einnimmt.


Konzept
Der Steinturm markiert durch seine Lage auf dem Berg den Endpunkt eines Weges vom Tal bis hinauf auf die Spitze des Turms.

Skizze Spitze

Durch diese Position am Ende des Wanderweges mit dessen Fortführung durch die Stufen zur Aussichtsplattform ist der alte Turm der ideale Startpunkt für eine Wegfortführung bis auf die Aussichtsebene des neuen Turms.

Skizze Wegfortführung

Der neue Turm sollte durch seine formale Gestalt den Bezug zu dem vorhandenen Aussichtsturm herstellen. Deshalb wurde für den neuen Turm aus dem kegelstumpfförmigen Erscheinungsbild des alten Turms die Form eines, allerdings aufgrund des anderen Erschließungssystems radialsymmetrischen, Kegels abgeleitet.

Skizze

Aus dieser Ähnlichkeit ergibt sich formal das Bild von “Zwei ungleichen Brüdern”.


Weg
Die Erschließung der neuen Plattform beginnt am Fuß des alten Turms, indem dessen Stufen weiterverwendet werden. Allerdings werden die ungleichen alten Steinstufen durch einen neuen, abgesetzten Aufbau aus Warzenblech ersetzt. Dieses Blechband bildet gleichzeitig eine weitere Verbindung von alt und neu, da es bis hoch auf den neuen Turm fortgeführt wird. Gleichzeitig wirkt es einladend, wie ein roter Teppich, auf den Turm hinaufzusteigen.

Turm, über Eck; Foto: Martin Busbach

Der Weg führt dann über einen Verbindungssteg zum neuen Turm. Dort erfolgt die Wegeführung spiralförmig die Treppen und Podeste nach oben, bis man schließlich die oberste Aussichtsplattform erreicht.

Turm, Zentral; Foto: Martin Busbach

Die einzelnen Treppen- und Podestabschnitte sind so gewählt, dass die Lauflängen der Treppen nicht zu lang werden und der Ausblick zu markanten Punkten in der Umgebung, wie z. B. der Blick in Richtung Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe und zum Trifels, jeweils von den ebenen Podesten aus möglich ist.

Die relativ kurzen Lauflängen mit ihren kleinen Höhendifferenzen ermöglichen des weiteren zusammen mit der gebogenen Lauflinie einen großzügigeren Ausblick, da der Blick, wie bei einem split - level Gebäude nicht von den Treppenläufen versperrt wird.


Material
Wie schon bei der Formgebung und der Wegeführung wird auch bei der Materialauswahl die Verbindung von alt und neu gesucht.

Durch die Höhe und die Form ist die Verwendung von Holz, als in der Umgebung vorhandenem Baustoff für den Turm nur schwer möglich. Holzstützen und Träger würden durch die Belastungen in den Knotenpunkten von den Querschnitten her sehr groß ausfallen und damit die Aussicht versperren.

Die Verwendung von einem Aluminiumtragwerk wäre aus Transportgründen in das schwer zugängliche Gebiet wünschenswert gewesen, allerdings sind in den erforderlichen Größen keine Standardquerschnitte mehr zu bekommen, außerdem ist das Aluminium im Vergleich zu Stahl sehr viel teurer.

Somit fiel die Wahl auf das Material Stahl. Dabei wurden die einzelnen Elemente von ihren Größen so gewählt, dass sie, von der Länge her mit einem geländegängigen Fahrzeug, z. B. einem Unimog transportiert werden können. Auf dem Berg erfolgt dann die Montage zu dem fertigen Tragwerk.

Die oben erwähnte Verbindung zu dem alten Turm erfolgt über die Oberflächenstruktur und Farbe des Cortenstahls, die der Farbe der Steine des alten Turms ähnelt.


Reload CAD-Zeichnungen
Zur Zeitersparnis gegenüber einzeln konstruierten Zeichnungen wurde der komplette Entwurf 3D in AutoCAD 2000 modelliert und dann daraus mittels Ansichten und der Schnittfunktion die Planlayouts als gifs mit Transparenz generiert. Diese Verfahrensweise war damals neuartig und trotz geringer Rechenleitung zu bewältigen. Die erzeugten Grafiken folgen nachstehend.


Turm, Grundriss 1
Grundriss Turm

Turm, Grundriss 2
Grundriss Turm andere Höhenlage des Grundrisses

Turm, Ansicht
Ansicht Gesamtanlage

Turm, Ansicht West
Ansicht zentral auf die Treppe

Renderings
Das in 3D erzeugte Modell wurde zusätzlich noch mit „AutoCAD-Bordmitteln“ gerendert. Die drei „fotorealistischen“ Darstellungen bildeten jeweils den Hintergrund der Pläne, auf die dann mit CorelDraw die transparenten gifs und die Beschreibungstexte montiert wurden. Die Ausgabe erfolgte als Farbplot (zu damals für einen Studenten horrenden Kosten).


Rendering Turm 1

Rendering Turm 2


Rendering Turm 3

Reload
Cortenstahl - erst später en vogue geworden als Material für das Tragwerk. Stringentes Konzept, ein Austritt aus der Struktur oben mit Blick zum Trifels hätte zu einer noch besseren Verortung geführt.